Mittwoch, 5. Februar 2014

Undertow

Undertow (original: Contracorriente) spielt in Peru, in einem kleinen Fischerdorf. Miguel ist gut integriert in die Dorfgemeinschaft, er wird häufiger gefragt, Grabreden zu halten. Es gibt eine alte Tradition im Ort, die Toten im Meer zu bestatten, nur so kann die Seele der Verstorbenen Ruhe finden, glaubt man.
Doch Miguel hat ein Geheimnis. Den gutaussehenden Fremden, den Fotografen Santiago - seit einer Weile haben die beiden eine Affäre. Ein fremder homosexueller Mann wird im Dorf nicht gerade gerne gesehen und da Miguel noch dazu verheiratet ist und bald Vater wird, tut er alles, um die Affäre geheim zu halten. Beenden will er sie jedoch auch nicht. Santiago dagegen möchte Miguel gerne für sich, es ist deutlich, dass er tiefe Gefühle für Miguel hegt. Doch erst als Santiago bei einem Tauchunfall ums Leben kommt, wird Miguel bewusst, wie viel ihm der Mann bedeutet. Als Santiago plötzlich als Geist vor ihm steht, ist er zunächst verwirrt, doch dann stellt er fest, dass er Santiago berühren kann, als wäre er noch aus Fleisch und Blut. Sie können sich unterhalten und händchenhaltend durch die Straßen gehen, ohne dass es jemand sieht. Sie können sich am Strand lieben und endlich über ihre Gefühle reden.
Doch Miguel hat auch Verpflichtungen. Seine Frau ist hoch schwanger und sie ahnt, dass etwas nicht stimmt. Und Miguel weiß, Santiago kann nicht ewig als Geist bei ihm bleiben, er muss seine Ruhe finden und dafür muss sein Leichnahm aus dem Meer geborgen und eine traditionelle Bestattung bekommen.
Die Geschichte von Undertow wurde ähnlich schon oft erzählt, erinnert auch an Freier Fall, wobei Undertow ein paar Jahre früher entstand. Ein verheirateter Mann, der noch dazu bald Vater wird und sich der Gefühle für einen anderen Mann bewusst wird. Das ist es auch, was mich an der Geschichte stört. Warum muss es immer noch eine schwangere Frau im Hintergrund geben? Das macht einem die Figuren nicht gerade sympathischer, gerade als Frau kann ich mir wohl kaum etwas fieseres vorstellen, als dass der Mann während der Schwangerschaft anstatt sich um die Frau zu kümmern, eine Affäre auslebt. Was mir an Undertow jedoch gut gefallen hat war, dass dieser Aspekt auch deutlich wird. Miguels Frau ist außer sich und zieht erstmal aus. Doch sie liebt ihn auch so sehr, dass sie ihn in seiner Trauer um Santiago sogar versteht. Der Aspekt der Geistergeschichte gibt der Story außerdem einen schönen Twist.
Ein weiterer Unterschied von Undertow zu vielen ähnlichen Filmen ist die wunderbare Kameraarbeit. Die Küstenlandschaft von Peru gibt eine schöne Kulisse ab und wie Santiago als Geist erscheint ist in starken Bildern eingefangen. Auch die Schauspieler, besonders Cristian Mercado als Miguel können ganz und gar überzeugen. Es ist außerdem bemerkenswert, dass der Film einer der ganz wenigen aus Peru ist, der eine schwule Geschichte erzählt. Der Regisseur sagt im Interview, dass er mit Anfeindungen am Drehort rechnete, jedoch offenes Interesse am Dreh bestand. Diese Aspekte machen Undertow zu einem besonderen Stück schwuler Filmgeschichte.

Peru 2009, Regie und Drehbuch: Javier Fuentes-León.

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