Mittwoch, 5. Februar 2014

A Charm of Magpies von KJ Charles

The Magpie Lord ist der erste Band in der Reihe A charm of Magpies, von der gerade der zweite Band erschienen ist. Das Buch habe ich zufällig als ebook entdeckt und die Beschreibung und das gelungene Cover ließ es mich sofort kaufen, obwohl ich sonst fast nie Bücher kaufen.
Als Lord Crane, nach Jahren aus Shanghai nach England zurückgekehrt, nach dem mysteriösen Selbstmord seines Bruders und seines Vaters, muss er einige Familienangelegenheiten klären. Doch Lord Crane muss nicht nur damit zurechtkommen, dass sein Vater ein fieser Despot und Betrüger war, er wird auch noch von einem Fluch heimgesucht, der ihm beinahe das Leben kostet.
Zu Hilfe kommt ihm ausgerechnet der Magier Stephen Day, dessen Vater von Lord Cranes Vater umgebracht wurde. Nicht gerade die beste Voraussetzung für eine beginnende Romanze. Doch Stephen lässt sich überzeugen, dass Lord Crane nichts mit seinem Vater gemeinsam hat und hilft ihm, hinter das Geheimnis des Fluchs zu kommen. Es entspinnt sich eine Geschichte voll von Magie und einer undurchsichtigen Verschwörung. Und das alles vor dem Hintergrund eines viktorianischen Londons.
Was mir an der Geschichte gut gefallen hat war, dass es kein Instant Love gibt. Zunächst beschreibt Crane Stephen als klein und abgemagert. Es dauert eine Weile, bis er den trockenen Humor Stephens versteht und erkennt, was für ein starker Magier er ist. Stephen arbeitet als Justiziar der Magier, und obwohl Lord Crane ihm in seinem Stand, finanziell und in seiner Größe überlegen ist, begegnen sie sich auf Augenhöhe.
Die beiden Hauptfiguren waren erfrischend eigenständige Persönlichkeiten, die beide mit ihrer Vergangenheit zu kämpfen haben. Viel Erotik gibt es in dem kurzen Roman nicht, und auch wenn man als Leser doch manchmal genervt ist, wenn es aus abstrusen Gründen wieder und wieder nicht mit dem Bettsport klappt, so ergibt das am Ende doch alles einen Sinn.

Nun ist gerade der zweite Band der Reihe, A case of possession erschienen.
Hier entwickelt sich die Beziehung zwischen Crane und Stephen weiter. Während Crane sich wünscht, Stephen möge nicht immer nachts ohne Abschied verschwinden, versinkt Stephen in Arbeit. Erst als Crane von einem alten Bekannten erpresst wird, ihre Affäre öffentlich zu machen, macht er sich bewusst, wie viel Stephen ihm bedeutet. Kann er von Stephen überhaupt verlangen, für ihn seine Karriere und seine Freundschaften aufs Spiel zu setzen? Doch es tauchen noch ganz andere Probleme auf. Riesige Ratten, die Leute angreifen, verschwundene chinesische Schamanen und eine alte Freundin aus Shanghai, die in Gefahr ist.
 Der Plot im zweiten Band hat mir etwas besser gefallen als im ersten, wo ich manchmal nicht ganz mit der Handlung mitkam. Auch war es schön, mehr aus der Shanghai-Vergangenheit von Crane zu erfahren und zu sehen, wie sich die Beziehung zwischen Crane und Stephen weiterentwickelt. Es gibt außerdem deutlich mehr Erotikanteil, wobei ich mir noch nicht sicher bin, ob das nun ein Pluspunkt ist, oder nicht. Die Szenen waren alle recht heiß geschrieben, aber wirkten teilweise etwas fehl am Platz. Insgesamt gefällt mir der Einfallsreichtum der Autorin, die positiv abstrusen Plots und die Nebenfiguren, die man sich alle sehr gut vorstellen kann. Auch Cranes Shanghai-Gossen-Dialekt sorgt für einige komische Szenen.
Ein wenig schade finde ich jedoch, dass jeder Band nur so kurz ist. Obwohl jede Figur ihre Hintergrundgeschichte hat, und ich Stephen und Crane als Figuren sehr ungewöhnlich und gut ausgearbeitet finde, ein paar mehr ruhigere Szenen hätten den Büchern noch mehr Tiefe verleihen können, die eigentlich schon in der Geschichte angelegt ist. So ist es spannende kurzweilige Unterhaltung, aber sehr gute Unterhaltung. 

KJ Charles ist übrigens das Pseudonym einer weiblichen Autorin, die mit ihren beiden Kindern in London lebt und hauptberuflich als Lektorin arbeitet. Auf ihrer Website gibt sie auch immer wieder interessante Schreibtipps.

Undertow

Undertow (original: Contracorriente) spielt in Peru, in einem kleinen Fischerdorf. Miguel ist gut integriert in die Dorfgemeinschaft, er wird häufiger gefragt, Grabreden zu halten. Es gibt eine alte Tradition im Ort, die Toten im Meer zu bestatten, nur so kann die Seele der Verstorbenen Ruhe finden, glaubt man.
Doch Miguel hat ein Geheimnis. Den gutaussehenden Fremden, den Fotografen Santiago - seit einer Weile haben die beiden eine Affäre. Ein fremder homosexueller Mann wird im Dorf nicht gerade gerne gesehen und da Miguel noch dazu verheiratet ist und bald Vater wird, tut er alles, um die Affäre geheim zu halten. Beenden will er sie jedoch auch nicht. Santiago dagegen möchte Miguel gerne für sich, es ist deutlich, dass er tiefe Gefühle für Miguel hegt. Doch erst als Santiago bei einem Tauchunfall ums Leben kommt, wird Miguel bewusst, wie viel ihm der Mann bedeutet. Als Santiago plötzlich als Geist vor ihm steht, ist er zunächst verwirrt, doch dann stellt er fest, dass er Santiago berühren kann, als wäre er noch aus Fleisch und Blut. Sie können sich unterhalten und händchenhaltend durch die Straßen gehen, ohne dass es jemand sieht. Sie können sich am Strand lieben und endlich über ihre Gefühle reden.
Doch Miguel hat auch Verpflichtungen. Seine Frau ist hoch schwanger und sie ahnt, dass etwas nicht stimmt. Und Miguel weiß, Santiago kann nicht ewig als Geist bei ihm bleiben, er muss seine Ruhe finden und dafür muss sein Leichnahm aus dem Meer geborgen und eine traditionelle Bestattung bekommen.
Die Geschichte von Undertow wurde ähnlich schon oft erzählt, erinnert auch an Freier Fall, wobei Undertow ein paar Jahre früher entstand. Ein verheirateter Mann, der noch dazu bald Vater wird und sich der Gefühle für einen anderen Mann bewusst wird. Das ist es auch, was mich an der Geschichte stört. Warum muss es immer noch eine schwangere Frau im Hintergrund geben? Das macht einem die Figuren nicht gerade sympathischer, gerade als Frau kann ich mir wohl kaum etwas fieseres vorstellen, als dass der Mann während der Schwangerschaft anstatt sich um die Frau zu kümmern, eine Affäre auslebt. Was mir an Undertow jedoch gut gefallen hat war, dass dieser Aspekt auch deutlich wird. Miguels Frau ist außer sich und zieht erstmal aus. Doch sie liebt ihn auch so sehr, dass sie ihn in seiner Trauer um Santiago sogar versteht. Der Aspekt der Geistergeschichte gibt der Story außerdem einen schönen Twist.
Ein weiterer Unterschied von Undertow zu vielen ähnlichen Filmen ist die wunderbare Kameraarbeit. Die Küstenlandschaft von Peru gibt eine schöne Kulisse ab und wie Santiago als Geist erscheint ist in starken Bildern eingefangen. Auch die Schauspieler, besonders Cristian Mercado als Miguel können ganz und gar überzeugen. Es ist außerdem bemerkenswert, dass der Film einer der ganz wenigen aus Peru ist, der eine schwule Geschichte erzählt. Der Regisseur sagt im Interview, dass er mit Anfeindungen am Drehort rechnete, jedoch offenes Interesse am Dreh bestand. Diese Aspekte machen Undertow zu einem besonderen Stück schwuler Filmgeschichte.

Peru 2009, Regie und Drehbuch: Javier Fuentes-León.