Freitag, 18. April 2014

Historische schwule Literatur, Romance und die Suche nach Vorbildern


                













Da ich selbst gerade meinen ersten historischen Roman geschrieben habe, der sich um eine schwule Liebesgeschichte dreht, habe ich begonnen, dieses Genre immer mehr zu lieben. Es ist für viele junge Menschen heute vielleicht kaum noch vorstellbar, wie schwer es schwule Männer in vergangenen Jahrzehnten und Jahrhunderten hatten, ihre Identität zu finden und Beziehungen zu führen. Dass es früher gesellschaftlich nicht akzeptiert war, wenn zwei Männer sich liebten, heißt aber natürlich nicht, dass alle schwulen Männer darauf verzichteten, sich für ihre Neigung schämten oder unglücklich waren. Wenn man Biografien bekannter Homosexuller liest, etwa Christopher Isherwood, Rimbeaud und Verlaine, Friedrich der Große, Tschaikowski, Oscar Wilde, sieht man wie früher geliebt wurde. Sie haben alle Beziehungen mit Männern geführt, auch wenn sie teilweise verheiratet waren und nicht öffentlich zu ihrer Sexualität stehen konnten. Zu jeder Zeit wurde anders mit Homosexualität umgegangen, das bietet viel Stoff für interessante Geschichten.
Nicht alle hatten so eine öffentliche skandalträchtige Beziehung wie Oscar Wilde, der dadurch im Gefängnis landete  (wie wunderbar in der Adrian Mayfield-Trilogie dargestellt wurde). Vor allem aus Künstlerkreisen sind heute homosexuelle Persönlichkeiten und Beziehungen bekannt. Durch den Skandal um das Bordell in der Cleeveland Street wissen wir um die "schwule Unterwelt" gegen Ende des viktorianischen Zeitalters. Sicherlich gab es auch zu anderen Zeiten Orte und Kreise, in denen man sich traf und in denen die Homosexualität selbstverständlich angenommen wurde.
Von den vielen Männern, die einfach zusammen lebten und eine Beziehung abseits der Öffentlichkeit führten, wissen wir nur kaum etwas. Das sollte einen jedoch nicht davon abhalten, solche Geschichten zu erfinden.
Durch die gesellschaftlichen Verbote und Ablehnung war es jedoch lange kaum möglich solche Geschichten zu veröffentlichen. Jede Anspielung wurde zu einem Skandal, mussten aus Manuskripten gestrichen werden.
Eines der wenigen Beispiele ist E.M. Forsters Maurice, was jedoch erst in den Siebzigern veröffentlicht wurde, lange nach dem es geschrieben wurde.
Ich habe das Gefühl, dass gerade in den letzten Jahren ein Trend in Richtung historischer gay romance entstanden ist. Vor allem das neunzehnte Jahrhundert sowie die zwanziger Jahre sind beliebt. Meistens spielen die Bücher in der Oberschicht oder es treffen verschiedene Schichten aufeinander. Man benutzt Versatzstücke aus Klassikern und fügt etwas Erotik hinzu. Das ist das Schöne daran, heute kann man endlich die Vergangenheit so darstellen, wie sie wirklich gewesen sein könnte. Das heißt natürlich nicht, dass Gay Romance immer realistisch ist oder sein muss. Besonders beliebt sind Autorinnen wie Ava March, Tamara Allen,  Jordan L. Hawk, Rowan Speedwell oder das Duo Bonnie Dee und Summer Devon. Bereits in den Sechzigern erschien Mary Renaults Serie um Alexander den Großen. Das einzige bisher erschienene Buch einer deutschen Autorin, das mir bekannt ist, ist Der Sodomit von S. B. Sasori, das kürzlich im Weltenschmiede-Verlag erschienen ist und in Ungarn des 15. Jh. spielt.
Keiner der neueren Romance Romane ist jedoch so beliebt wie die Romane von Sarah Waters, die historische Geschichten mit lesbischen Beziehungen zum Thema haben, oft verbunden mit Thriller/Krimielementen und die fast alle verfilmt wurden.

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