Montag, 21. September 2020

Queere Fantasy unter Zensur - die erstaunlichen Wege chinesischer Serien

 

Lan Zhan (Wang Yibo) und Wei Wuxia (Xiao Zhan) in The Untamed

Es ist kein Geheimnis, dass es LGBTI in China schwer haben. Zwar verbietet die Regierung keine Homosexualität, sie hat dazu aber ein ambivalentes Verhältnis. In Film und Serien hat sie queere Repräsentation weitgehend zensiert. Seit 2016 eine Verfügung in Kraft trat, die unter anderem außereheliche Affären, aber auch LGBTI in Filmen verbietet, haben es die Produzent*innen und Drehbuchautor*innen von Serien noch schwerer. Das hindert sie aber nicht daran, einige der besten queeren Fantasy-Serien zu produzieren, die es weltweit gibt. Erstaunlicherweise schaffen es ausgerechnet im unter Zensur stehenden China immer wieder Geschichten, die auf „Boys Love“-Büchern oder Webstorys basieren ins Fernsehen.

Besonders bekannt wurde die auch von Netflix gezeigte Serie The Untamed. Eine komplexe Geschichte über die Liebe zweier „Kultivierer“, in chinesischer Fantasy eine Art Magier mit Bezug zum Buddhismus, die durch stetige Verbesserung stufenweise aufsteigen, mit dem Endziel der Erleuchtung. Auch wenn The Untamed keinen Kuss geschweige denn Intimität zwischen den beiden männlichen Hauptfiguren zeigen kann, wird durch Blicke und Gesten sowie eindeutige Metaphern doch deutlich, dass die beiden nicht nur gute Freunde sind. Die Serie ist aber noch viel mehr als eine Liebesgeschichte zwischen Lan Zhan, mit seiner großen Disziplin und dem ungestümen Wei Wuxian, der nichts von Regeln hält und gerne mal Wein ins Anwesen schmuggelt. Die Geschichte ist komplex, zahlreiche Nebenfiguren und die Machenschaften der verschiedenen Clans sowie ein uraltes magisches Artefakt sorgen für eine spannende Handlung, die moralische Fragen nach richtigem Handeln stellt. Die überaus überzeugend spielenden Hauptdarsteller sind in China inzwischen Megastars und Gegenstand zahlreicher Fanfiction. The Untamed ist eine der besten Fantasy-Serien, die ich je gesehen habe, die Dynamik zwischen Lan Zhan und Wei Wuxian sucht ihresgleichen. Auch zwischen den Nebenfiguren gibt es mehrere angedeutete gleichgeschlechtliche Beziehungen.

Sehen kann man die Serie auf Netflix oder viki.com mit deutschen Untertiteln.

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Mittwoch, 16. September 2020

Wo sind die queeren Figuren in der Urban Fantasy?




In den letzten Jahren sind diverse, also BIPoC oder queere Figuren, Figuren mit Behinderungen etc., geradezu ein Trend vor allem bei amerikanischen Fantasy-Jugendbüchern. Kaum noch ein Buch, in dem es nicht mindestens eine queere Figur gibt oder PoC-Figuren vorkommen. In Deutschland hat sich der Trend noch nicht ganz so durchgesetzt, auch wenn immer mehr Bücher gerade mit queeren Figuren übersetzt und auch zu Bestsellern werden. Doch gerade was Urban Fantasy betrifft, besteht da noch deutlicher Nachholbedarf. Unter Urban Fantasy wird Fantasy verstanden, die in unserer gegenwärtigen Welt spielt, aber phantastische Elemente wie Magie, Vampire, Werwölfe, Wandler*innen, Hexen etc. aufweist. Das Wort Urban verweist darauf, dass diese Geschichten meist in einem städtischen Setting angesiedelt sind.

Hauptfiguren in Urban Fantasy sind meistens entweder heterosexuelle männliche Magier (meistens in den von männlichen Autoren geschriebenen Reihen wie „The Dresden Files“ von Jim Butcher oder „The Iron Druid“ von Kevin Hearne). Während in denen von Frauen geschriebenen Reihen meistens weibliche Heldinnen vorkommen, die am Ende ihren männlichen Partner finden. Abweichungen von diesem Muster gibt es wenige.

Ein Beispiel im Jugendbuch-Bereich für queere Repräsentation im Genre ist die Raven Boys-Reihe von Maggie Stiefvater, in der es in den späteren Bänden auch um einen schwulen Jungen geht, der in der Freundesgruppe von vier Jungs und einem Mädchen in den Fokus gerückt wird. Ronan ist ein schroffer Charakter, der so einige Probleme mit sich selbst hat. Am beliebtesten die Reihen aus dem Shadowhunter-Uniersum von Cassandra Clare, das ebenfalls sehr diverse Figuren vorzuweisen hat. Die Shadowhunters sind eine Einheit von magisch begabten Wächter*innen über die übernatürliche Welt. Der pansexuelle Warlock Magnus Bane tritt erstmals in der The Mortal Instruments-Reihe auf. Ein Halbdämon, der extravagante Kleidung liebt, unsterblich ist und sich in den schüchternen und unerfahrenen Shadowhunter Alec verliebt. Die beiden bekamen sogar ein eigenes Buch. In der Reihe The Dark Artifices kommt auch eine Liebesgeschichte zwischen zwei Frauen vor, sowie ein Liebesdreieck zwischen zwei Männern und einer Frau, die am Ende eine schöne Lösung findet. Der Erfolg der Reihen zeigt, dass vor allem auch junge Leser*innen queere Figuren gerne lesen. Unter deutschsprachigen Autor*innen hat es das Genre im Jugendbuch ohnehin etwas schwer, wenn die Liebesgeschichte nicht im Zentrum steht. Da muss man sich eher bei kleinen Verlagen und Selfpublishern umschauen. Juliane Seidel hat mit ihrer Nachtschatten-Trilogie um Schutzengel und übernatürliche Jäger nicht nur einen jungen Schutzengel und einen Vampir, die sich verlieben, sondern auch ein lesbisches Werwolf-Pärchen. Außerdem gibt es noch einen pansexuellen Magier. Die queere Repräsentation ist also hoch bei der lesbischen Autorin. In ihrem Einzelband Herz aus Kristall über mystische Wasserwesen, geht es vorrangig um ein lesbisches Paar.

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