Samstag, 28. September 2013

Huch, ich schreibe zuckrige Happy-Ends!

Die Rohfassung meiner Edwardianer ist beinahe fertig. Es fehlen noch ca. drei kleine Szenen in der Mitte und der allerletzte Absatz. Danach wird die Arbeit mit der Überarbeitung und Recherche aber erst richtig anfangen. Es ist zwar riskant, aber ich neige dazu erstmal zu schreiben und danach zu recherchieren, ob das auch alles so richtig ist. Ich hoffe, ich muss keine großen Teile umschreiben. Vor allem muss ich mich aber noch mit dem Leben in London beschäftigen und es macht wirklich Spaß, sich in die Zeit um die Jahrhundertwende zu vertiefen.
Gestern habe ich beinahe zwanzig Seiten geschrieben, denn diese Geschichte wollte einfach zu Ende erzählt werden. Wenn ein Buch kurz vor dem Finale steht, steigere ich mich da oft richtig rein und vor allem wenn es eine Liebegeschichte ist, kann ich meine armen Figuren ja nicht warten lassen, bis sie sich endlich bekommen. Ich habe ja nicht geahnt, was für ein zuckriges Ende ich da fabrizieren würde, also für meine Verhältnisse. Wer schon mehr von mir gelesen hat weiß, meine Liebesgeschichten gehen nicht immer gut aus. Wobei das Ende bei "Lex" eigentlich auch recht zuckrig ist, wenn ich darüber nachdenke. Diesmal konnte ich allerdings nicht anders, als meine Figuren erst eine Weile zu quälen und sie dann glücklich zu machen. Ich kenne Autoren die sagen, dass sie ihre Figuren beim Schreiben ganz distanziert betrachten. Ich kann das nicht. Ich muss alles mitfühlen, was meine Figuren fühlen. Ob sie wütend, traurig oder glücklich sind. Deshalb war ich gestern auch ganz bewegt, als ich meine Figuren durch ein Gefühlschaos gehen ließ. Wir Autoren sind schon ein komisches Volk. Ich hoffe natürlich, es gelingt mir auch, diese Emotionen dann beim Leser auszulösen. Am liebsten würde ich jetzt alle verbleibenden Lücken im Text füllen und ihn als fertig betrachten, aber bis das so weit ist, werde ich wahrscheinlich nochmal Jahre recherchieren. Leider habe ich mir anscheinend auch ein Setting ausgesucht, worüber es am wenigsten Informationen gibt. Einerseits Mittelschichtsfiguren, andererseits die Zeit um 1905. Während es über die Viktorianer haufenweise Literatur gibt und über den ersten Weltkrieg sowieso, sieht es hier leider etwas mau aus. Aber ich habe mich bereits mit Romanen aus der Zeit und einer langen Liste von Büchern eingedeckt. Denn ich kann es wirklich kaum abwarten zu erfahren, ob Vincent und Leonard bei den Lesern ankommen.

Der Mann, der Yngve liebte - Filmrezension

Heute möchte ich einen Film empfehlen, den ich schon vor einer Weile gesehen habe und über den ich schon seit einer Ewigkeit schreiben wollte.
Der Mann, der Yngve liebte ist ein wunderschöner norwegischer Coming-of-Age-Film.
Jarle ist ein Außenseiter, der Ende der Achtziger in einer kleinen norwegischen Stadt aufwächst. Alles wofür er sich interessiert ist die neueste Rockmusik. Was liegt da näher, als mit seinem besten Freund, der genauso tickt wie er eine Punkband zu gründen? Mit der Matthias Rust Band wollen sie ihre Rebellion äußern. Damit haben sie dann auch bestimmt gute Chancen bei den Mädchen. Der schönen Katrine zum Beispiel, in die sowohl Jarle als auch sein bester Freund sich verlieben. Doch Jarle ist der glückliche, der das Mädchen abbekommt. Mit seinen roten Haaren und dem verträumten Blick könnte Jarle durchaus ein Mädchenschwarm sein. Sein Leben läuft eigentlich perfekt, doch dann begegnet er Yngve. Der neue in der Klasse ist so ganz anders als Jarles sonstige Freunde. Er ist ein Popper, also eigentlich das Feindbild aller Punker. Yngve trägt weiße Kleidung und spielt Tennis. Zu Hause hört er Schlager. Doch Jarle ist aus irgendeinem Grund total fasziniert von Yngve und kann sich nicht von ihm losreißen. Immer wieder sucht er Yngves Nähe, bis er dadurch alles was er hat zu verlieren droht. Denn seine Freunde verstehen überhaupt nicht, warum Jarle plötzlich Tennis spielt und die Bandproben schwänzt, um sich mit Yngve zu treffen. Und seine Freundin bekommt auch langsam mit, dass etwas mit Jarle nicht stimmt.
Er hat sich in einen Jungen verliebt, aber er kann sich seine Gefühle nicht eingestehen und ist völlig von der Rolle. Niemand versteht ihn. Und auch mit Yngve kann er nicht zusammen sein. Rolf Kristian Larsen der Jarle spielt ist eine Entdeckung, aber auch die anderen jungen Schauspieler sind sehr glaubwürdig.
Am Ende des Films gibt es eine traurige Wendung, die man schon ein wenig ahnt, die mich aber dennoch sehr überrascht hat. Der Mann der Yngve liebte liefert keine Lösung am Ende des Films, es ist eine Geschichte vom Verliebtsein, die eine unerwartete Tiefe entfaltet. Wer eine seichte Liebesgeschichte erwartet, wird hier enttäuscht.
Es gibt noch mindestens zwei weitere Filme um Jarle und noch mehr Bücher (die Filme sind nach Romanen von Tore Renberg), ich habe sie allerdings noch nicht gesehen oder gelesen und glaube, es gibt darin jeweils andere Themen. Aber man kann Der Mann, der Yngve liebte auch als eigenständigen Film ansschauen.

Norwegen, 2008, Regie: Stian Kristiansen.