Mittwoch, 3. Oktober 2018

Mario - Film Kritik



Mario

Man könnte meinen, die Gesellschaft wäre in den letzten Jahren offener geworden. Homosexuelle dürfen heiraten, werden Spitzenpolitiker, Superstars outen sich, alles kein Problem mehr? Leider nicht. Auch im Sport gab es in den letzten Jahren immer wieder Top-Sportler, die sich geoutet haben. Aber kaum in der immer noch von einem antiquiert machohaften Männerbild verhafteten Fußball-Welt. Wer im Profifußball erfolgreich sein will, darf nicht schwul sein.  Das gilt leider immer noch. Genau diesem Thema widmet sich der schweizer-deutsche Film "Mario".
Mario, das ist die Hauptfigur des Films. Ein 20-jähriger junger Mann, der davon träumt vom U21-Team in einer schweizer Kleinstadt in die erste Mannschaft der Erwachsenen aufgenommen zu werden. Dass er das Zeug dazu hat wird ihm vielfach bescheinigt. Doch die Konkurrenz ist groß. Der Neuzuwachs für das Team, Leon, wird deshalb auch kritisch beäugt. Er würde ja eh bald wieder wechseln. Die beiden Stürmer Mario und Leon erkennen, dass sie gleich stark sind, beide wollen es schaffen, ins erste Team übernommen zu werden. Eigentlich wären sie Konkurrenten,  doch die Überlegenheit über die anderen schweißt sie auch zusammen. Sie werden vom Trainer in eine gemeinsame Wohnung gesteckt. Mario ist froh endlich zu Hause auszuziehen. Sein Vater, der selbst von einer Fußballer-Karriere geträumt hat, meint es gut, ist aber sehr einnehmend und bevormundend.
Mario unter mehrheitlich homophoben Teamkollegen
Foto: © PRO-FUN MEDIA

Dass beide schwul sind, ist schnell zu erahnen. Mario küsst zwar die Freundin, die er im Bus trifft, aber dann erzählt sie, dass sie sich gerade getrennt hat. Später wird klar, es ist nur seine beste Freundin. Bald verbringen Mario und Leon auch ihre gesamte Freizeit miteinander. Es dauert nicht lange, bis daraus mehr wird. Wenn sich die beiden für ihre erwachenden romantischen Gefühle füreinander klar werden, fliegen auch mal die Fetzen. Die einsilbigen Dialoge wirken da leider etwas aufgesetzt. Tiefgehende Gespräche vermisst man in diesem Film.
Besonders Mario ist immer bewusst, was es bedeuten würde, wenn seine Homosexualität öffentlich wird. Als dann ein Gerücht im Team umgeht, wird sofort der Trainer und Marios Manager eingeschaltet. Man hätte ja nichts dagegen, aber es ginge ja um die Außenwirkung des Vereins. Da darf es einen schwulen Spieler oder gar ein schwules Spielerpaar natürlich nicht geben. Diese Gespräche wirken unangenehm authentisch. Man rät ihnen sogar sich eine Alibi-Freundin zuzulegen, um die Gerüchte zu zerstreuen.  Doch die homophoben Beleidigungen und das Mobbing im Team reißen nicht ab. Der Druck von außen wird für Leon schließlich unerträglich. Soll er sich für den Fußball entscheiden, oder für sein eigenes Glück?

© PRO-FUN MEDIA

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Der Film macht einen abrupten Sprung. Mario hat einen Vertrag bekommen und zieht nach Hamburg, um beim FC St. Pauli zu spielen. Aber auch hier tut er alles, um seine Homosexualität zu verheimlichen. Seine beste Freundin zieht sogar als Alibi-Freundin mit zu ihm. Stark ist der Kontrast zu den lockeren St. Pauli-Spielern gegenüber dem zwar ethnisch gemischten aber doch kleingeistigen Team in der schweizer Heimat. Wenn man den Film als Hamburger sieht, wundert man sich jedoch, dass mit keinem Wort erwähnt wird, dass St. Pauli ein besonderer Verein ist. Es gibt wohl keinen anderen Verein, der so offensiv dafür wirbt, offen gegenüber homosexuellen Spielern zu sein. Er unterstützt ein Aktionsbündnis gegen Homophobie und schließlich auch diesen Film. Der ehemalige Präsident des Vereins, Corny Littmann, selbst offen schwul, riet vor einigen Jahren jedoch Spielern noch davon ab, sich zu outen. Sicher, Mario will wahrscheinlich nicht ewig bei St. Pauli bleiben und nicht alle Vereine sind so offen. Dennoch war es etwas merkwürdig, dass St. Pauli im Film wie ein ganz normaler Fußball-Verein dargestellt wurde. Das ist er eben nicht. Dazu und zum Film an sich hätte es anschließend eine Diskussion geben können. Denn sowohl der Regisseur als auch alle Hauptdarsteller, sowie einige St. Pauli-Spieler, Corny Littmann selbst und Marc Urban, einer der ersten Spieler, die sich geoutet haben, waren bei der Hamburger Premiere anwesend. Doch leider war der Zeitplan beim Filmfestival knapp und keine Zeit mehr für Fragen. Bei so einem wichtigen Thema nicht sehr gut geplant. Aber hoffentlich regt der Film die Debatte wieder an.

Max Hubacher erhielt übrigens den Schweizer Filmpreis für seine Rolle als Mario und Jessy Moravec den Preis für die beste Nebendarstellerin für ihre Rolle als Marios beste Freundin.

Funfakt: Der Darsteller von Leon, Aaron Altaras hat eine enorme Ähnlichkeit mit Matthew Daddario, der in der Shadowhunters-Serie den ebenfalls schwulen Alec Lightwood spielt.