Es ist endlich soweit! Morgen erscheint mein neuer Roman "Liebe in fünfzehn Lektionen".
Lange habe ich daran gearbeitet, und endlich ist alles fertig. Hier ist der Link zu Amazon, wo er erst mal exklusiv zu haben ist, auch zum Ausleihen in Unlimited. Später werde ich ihn auch auf anderen Platformen als epub einstellen.
Und hier ist der Klappentext:
Als Levi Aaron begegnet, ist er hin und weg. Aaron ist sein absoluter Traummann. Heiß, charmant … und unerreichbar. Denn Levi ist zu schüchtern, um Aaron auch nur anzusprechen.
Ausgerechnet Levis Kumpel Jannik bietet seine Hilfe an. Der selbstbewusste Player stylt Levi nicht nur um, sondern gibt ihm auch Nachhilfe im Bett. Aus diesem Deal entwickelt sich bald eine Affäre. Denn beide wollen nicht mehr auf ihre Abenteuer im Bett verzichten. Ganz unkompliziert - bis unerwartete Gefühle ins Spiel kommen
Hier gibt es eine Leseprobe über zwei Kapitel:
Prelude
Levi schlenderte von der Vorlesung zur Mensa. Stella, mit der er sonst zusammen saß, war heute nicht da. Also suchte er sich allein einen Platz in einer ruhigen Ecke. Leise seufzend sah er in seine Schüssel mit undefinierbarem Eintopf.
„Hey, Levi! Was sitzt du hier allein?‟, erklang es neben ihm. Levi sah auf. Da stand Jannik und lächelte ihn an. Er setzte sich ungefragt zu ihm an den Tisch und stellte sein wie immer vollkommen überladenes Tablett ab.
„Hast du bei Engel irgendwas verstanden?‟
Jannik und er hatten ein paar Kurse zusammen. Levi studierte Wirtschaft mit volkswirtschaftlichem Schwerpunkt im Master und Jannik Management. Seit er Jannik einmal etwas in Statistik erklärt hatte, waren sie irgendwie befreundet. Levi war immer noch verwundert, warum Jannik sich weiter mit ihm traf. Sie hatten nicht viel gemeinsam, außer dass sie beide auf Männer standen und sich gerne trashige Horrorfilme ansahen. Wahrscheinlich wollte er nur, dass Levi ihm bei den Klausuren half. Jedenfalls hatte er nie versucht ihn anzumachen.
Er konnte sich auch aussuchen, mit wem er ins Bett ging, so wie er aussah. An seinem Körper war kein Gramm Fett zu finden.
Levi verscheuchte den Gedanken. Jannik sah zwar gut aus, doch obwohl er auf große dunkelhaarige Männer stand, war Jannik nicht wirklich sein Typ. Er legte ihm zu viel Wert auf sein Aussehen und er nahm nichts ernst.
„Hey, was ist? Wo bist du mit deinen Gedanken?“
Jannik schnippte vor seinem Gesicht und lachte, sodass sich Grübchen in seinen Wangen bildeten und seine bernsteinfarbenen Augen funkelten.
„Ähm nichts.“ Levi sah in seine leere Schüssel. „Sorry. Hab das Buch schon vorher gelesen‟, antwortete er verspätet auf Janniks Frage.
„Sollte ich vielleicht auch mal machen. Ich versteh überhaupt nichts in der Vorlesung.“ Jannik seufzte und begann seine beiden Teller leerzuessen.
„Wie kannst du nur so viel essen?‟, fragte Levi, als Jannik alles bis auf den letzten Krümel aufgefuttert hatte.
„Guter Stoffwechsel. Und wenn man Sport macht, muss man viel essen. Solltest du auch mal versuchen. Dann bekommst du auch ein paar Muskeln.‟
Levi brummte nur. Er machte schon Sport. Er fuhr viel Rad, aber er würde nie in ein Fitnessstudio gehen. Stumpf an den Geräten zu trainieren, war ihm zu langweilig.
Plötzlich beugte sich Jannik zu Levi herüber und flüsterte: „Siehst du den Typ da drüben? Der ist heiß!‟
Levi schaute auf. Ja, der Student mit den blonden Locken sah wirklich gut aus. Jannik sah jetzt offen zu ihm hinüber, lächelte und der Kerl lächelte zurück.
Wie machte Jannik das nur? Es war einfach unfair. Bei Levi hätte das nie funktioniert, abgesehen davon, dass er es sich gar nicht traute.
Jannik tauschte weitere Blicke mit dem Typen aus. Bald grinste der andere zurück. Es fehlte noch, dass die beiden gleich auf der Unitoilette verschwanden.
Jannik wandte sich wieder Levi zu.
„Was machst du am Wochenende? Lust, auf die Wiwi-Party zu gehen?‟
„Stella hat mich schon gezwungen hinzugehen. Sie will mich verkuppeln.‟
Jannik lachte. „Schon wieder? Na, vielleicht wird es ja diesmal was.‟
Levi bezweifelte es stark.
„Warum gehst du nicht allein in den Club? Da wirst du schon jemanden finden.‟
„Ich bin nicht wie du, Janni.‟
Sie standen auf, um ihre Tabletts wegzubringen, doch Jannik war plötzlich verschwunden. Levi sah sich nach ihm um und fand ihn bei dem Typ vom Nachbartisch. Er steckte ihm einen Zettel zu und kehrte grinsend zu Levi zurück.
„Wie machst du das? Woher wusstest du überhaupt, dass er schwul ist?‟
„Wusste ich nicht, ich habe es nur gehofft.‟
„Irrst du dich denn nie?‟
„Doch. Einmal habe ich mich echt geirrt. Der Kerl sah süß und total schwul aus und dann hat er mir richtig eine reingehauen. Ich hatte ein blaues Auge.‟
Levi schüttelte den Kopf.
„Ehrlich. Aber ein blaues Auge bei allen Versuchen und … sehr oft Sex.‟ Jannik grinste.
Nachdem Levi seinen gesamten Kleiderschrank durchwühlt hatte, in der Hoffnung etwas zu finden, in dem er richtig gut aussah, nahm er doch wieder nur eine Jeans und ein hellblaues Shirt. Seine blonden Haare lagen platt auf seinem Kopf. Er versuchte sie in irgendeine annehmbare Frisur zu kämmen, doch er sah immer noch aus wie ein braver Abiturient. Es half alles nichts, er musste los. Stella wartete auf ihn.
Er würde ihr noch diesen letzten Versuch geben, danach würde er ihre albernen Verkupplungsversuche einfach ignorieren.
Stella lernte auf mysteriöse Weise ständig schwule Männer kennen. Und jedes Mal versuchte sie, ihre Bekanntschaften mit Levi zu verkuppeln. Sie hatte es sich richtig zur Lebensaufgabe gemacht, ihm einen Partner zu verschaffen. Dabei suchte er gar nicht unbedingt eine feste Beziehung. Und jeder Versuch, ihr zu verdeutlichen, dass sie überhaupt nicht den gleichen Männergeschmack hatten, war aussichtslos.
Levi hatte jetzt mindestens acht Männer getroffen, die nach Stellas Beschreibungen allesamt atemberaubend aussahen und nett wären. Keiner der Männer war sein Typ gewesen und der einzige, den er gemocht hatte, hatte kein Interesse an ihm gehabt.
Aber selbst wenn es nicht passte, er würde sich trotzdem einen schönen Abend machen. Nachdem er vor zwei Tagen die schwere Statistik-Klausur geschrieben hatte, hatte er sich das auch wirklich verdient.
Es war eine laue Mainacht, die Hitze des Tages noch spürbar. Levi schloss sein Rennrad vor der Bar an. Vor dem Eingang drängten sich junge Leute, rauchten, tranken ihre mitgebrachten Biere aus und unterhielten sich laut. Er blickte sich nach Stella um, ihre rote Lockenmähne war nirgends zu sehen. Sein Handy vibrierte und zeigte eine Nachricht von ihr: Sind schon drin, hinten links. Levi holte tief Luft. Normalerweise mied er Menschenmengen, und Partys und volle Bars. Aber er würde jetzt nicht kneifen. Er erkannte einige Kommilitonen, als er sich an die Schlange vor dem Eingang stellte und entspannte sich etwas.
Endlich erreichte er die Kasse und legte fünf Euro auf den Tresen. Die Frau mit den türkis gefärbten Haaren sah ihn einen Moment an, bevor sie ihm den Stempel aufdrückte. Es fehlte noch, dass sie ihn um seinen Ausweis bat. Doch sie lächelte nur, sagte „Viel Spaß‟ und Levi drängte sich durch die Menge, um Stella und sein Date zu finden.
Anscheinend war hier Rauchen erlaubt, und Levi kräuselte die Nase. Die Elektromusik und die lauten Gespräche der vielen Studenten brandeten über ihn. Wie immer brauchte er einen Moment, um sich daran zu gewöhnen. Dank ihren eins fünfundachtzig entdeckte er Stella sofort. Der Mann neben ihr war kleiner als sie, doch das war Levi selbst auch. Und auf den ersten Blick war er wieder so gar nicht sein Typ. Hoffentlich hatte er einen tollen Charakter.
„Hi, Süßer“, begrüßte ihn Stella fröhlich. An ihren Ohren klimperten neongrüne Kreolen und sie trug einen megakurzen Rock. „Das ist Konrad“, stellte sie den Mann neben sich vor. Levi gab ihm die Hand, die Konrad gleich wieder losließ. Er trug ein Jackett und ein weißes Hemd, unpassend für diese Party. Vielleicht war er gerade von der Arbeit gekommen. Als Levi überlegte, wie er ein Gespräch mit ihm anfangen konnte, wandte er sich schon wieder von ihm ab. Das war ein neuer Rekord. Abweisung nach drei Sekunden. Das konnte ja ein lustiger Abend werden. Konrad nahm das Gespräch mit Stella wieder auf. Er erzählte irgendetwas über seine Doktorarbeit und dass er einen Preis für seine Forschung bekommen hatte.
„Na ja, aber ich komme auch aus einer Familie von Medizinern. Mein Großvater hat das berühmte Seucheninstitut in Amsterdam gegründet.‟
„Hm, interessant‟, sagte Levi nur. Er blickte Stella an und runzelte die Stirn. Sie zuckte entschuldigend die Schultern.
„Hey, wisst ihr was? Ich denke, dieser Abend wird großartig! Ich habe heute einen großen Auftrag bekommen, mein Einkommen für die nächsten Monate ist gesichert‟, rief Stella. Sie arbeitete neben dem Studium als Grafikdesignerin. Wenn er es richtig verstanden hatte, kannte sie Konrad, weil sie für ihn irgendwelche Flyer designte.
„Das ist toll!‟ Levi freute sich für sie. Ohne Unterstützung durch Eltern oder Bafög hatte sie es nicht leicht.
„Lasst uns anstoßen! Lasst uns feiern!‟, rief sie.
„Ich hol mir was zu trinken“ Levi drängte sich zum Tresen. Es dauerte eine Ewigkeit, bis er endlich ein Bier bestellen konnte. Als er zurückkam, waren Stella und Konrad nicht mehr allein. Stellas Freundin Lilly sprach mit ihr und zwei Männer, die er nicht kannte, standen bei Konrad.
Er holte tief Luft, bevor er auf sie zuging. Als er ihnen reihum die Hand schüttelte, traf es ihn wie ein Schlag: strahlende Rehaugen unter dunklen Brauen und lockigem Haar. Die vollen Lippen zu einem aufrichtigen Lächeln geformt. Lippen, die sich bestimmt weich und wunderbar anfühlten, wenn man sie küsste. Wieder sah er in diese Augen, sie fingen ihn ein, sogen ihn ein. So warm und offen. Dann verengten sie sich zu einem verschmitzten Lächeln und Levi wurde klar, dass er ihn anstarrte, und dass der Traumtyp sein Starren bemerkt hatte. Sein Herz setzte für einen Schlag aus und seine Hände wurden feucht. Rasch senkte er den Blick und ließ seine Hand los, die er die ganze Zeit festgehalten hatte. Wie peinlich. Noch nie in seinem Leben war Levi einem so schönen Mann begegnet. Er blinzelte und fing sich wieder. Der Mann hieß Aaron, teilte ihm sein Gehirn verspätet mit. Was für ein schöner Name und dann diese Muskeln unter seinem Shirt! Levi schluckte hart. Solche Männer sah er sonst nur in Zeitschriften, nicht direkt vor sich. Sein Herz klopfte wild und wenn er ihn weiter anstarrte, würde gleich noch mehr pochen. Gott, er war doch keine fünfzehn mehr. Seit einer Ewigkeit war er keinem Mann mehr begegnet, den er so attraktiv fand. Ach, vielleicht noch nie in seinem Leben. Und seine Stimme! Samtig und tief, und lebendig, ein leichter Akzent, schwang darin. Sie kroch ihm direkt unter die Haut.
Aaron lachte, während er mit Konrad redete, der immer noch wirkte, als wäre er nicht auf einer Party, sondern auf einem Ärztekongress. Vielleicht war das seine natürliche Haltung. Levi hatte gar nicht mitbekommen, worüber geredet wurde und kein Wort mehr gesagt. Schnell trank er sein Bier aus und ging zu den Toiletten.
Er spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht und sah sich selbst im Spiegel an. Sofort sackten seine Schultern nach unten. Er würde nie bei Aaron landen; er war nichts Besonderes. Ein Typ wie Aaron konnte jeden haben. Wenn er denn überhaupt schwul war. Nicht unwahrscheinlich, da er mit Konrad und einem anderen da war, der mit seinem Glitzertop definitiv schwul wirkte.
Was hatte er schon zu bieten? Es war immer das Gleiche: Wenn er mal einen Mann wollte, traute er sich nicht, ihn anzusprechen. Mit einem Typ wie Aaron würde er sowieso nie mithalten können. Der hatte doch sicher ständig was am Laufen und konnte sich aussuchen, wen er wollte. Und Levi würde sich nie trauen, ihn anzumachen. Er war zwar hier, aber er tat nur so, als wäre es ganz normal für ihn, in einer Bar zu sein und mit attraktiven Männern zu reden.
Doch er lebte erst seit eineinhalb Jahren in Berlin und ging erst regelmäßig aus, seit er Stella kannte. Und nie hatte er jemanden mit zu sich nach Hause genommen. Kein einziges Mal. Die Männer schienen ihn entweder nicht attraktiv zu finden oder sie dachten, er wäre nicht interessiert. Levi wusste, dass es an seiner Einstellung lag. Er hatte Angst, Fehler zu machen, sich zu blamieren und dann tat er lieber gar nichts, als abgewiesen zu werden. Wenn ihn doch mal jemand ansah, den er attraktiv fand, senkte er den Blick anstatt zu lächeln. Es war einfach hoffnungslos: Er würde nie mit jemandem wie Aaron im Bett landen.
Mit diesem finsteren Gedanken holte er sich noch ein Bier und blieb am Tresen stehen. Er beobachtete Aaron von Weitem. Mittlerweile war die Gruppe noch größer geworden. Und Aaron redete mit attraktiven Männern, genau wie er es vermutet hatte. Und noch immer hatten sie nicht mehr Worte gewechselt als „Hi“.
„Levi?“, erklang eine Stimme hinter ihm. Er drehte sich um und erblickte Jannik.
„Was machst du hier allein?‟ Jannik lehnte sich zu ihm vor, und schrie gegen den Lärmpegel an.
„Ich bin nicht allein, ich hole mir nur ein Bier. Was machst du hier allein?‟
„Muss ich dir das echt erklären?‟ Jannik sah zu einem Typ herüber, der mit einer Gruppe von Leuten am anderen Ende des Tresens stand. Der erwiderte Janniks Lächeln.
„Wollte Stella dich nicht verkuppeln?“, fragte Jannik.
„Ja. Aber …“
„Etwa mit dem Schönling da?“ Jannik zeigte auf Aaron.
„Nein, leider nicht. Und zeig nicht auf ihn!“
Jannik lachte und nahm die Hand runter. „Schade. Der Typ ist mega heiß.“ Sein Blick fokussierte Aaron, und er leckte sich über die Lippen.
„Janni! Bitte mach dich nicht an ihn ran! Bitte!“ Levi wusste nicht, was mit ihm los war, er machte sich doch total lächerlich, wenn er zugab, etwas von Aaron zu wollen.
Jannik schmunzelte. „Okay, ist ja gut. Wenn du so sehr auf ihn stehst, warum bist du dann noch hier und nicht bei ihm?“
„Wie witzig. Ich weiß, dass ich keine Chance habe, okay? Aber trotzdem wäre es nett, wenn du mir nicht vormachst, wie einfach du ihn bekommst und …“ Er konnte nicht ausreden.
Jannik drehte ihn zu sich um, sodass er ihm ins Gesicht sehen musste. „Warum meinst du, dass du keine Chance hast? Kennst du seinen Geschmack? Weißt du, worauf er steht?“
„Sicher nicht auf mich!“
„Mann, Levi, genau das ist dein Problem! Du glaubst nicht, dass die Typen auf dich stehen, also tun sie’s auch nicht. Wenn du jetzt dahin gehen und mit ihm flirten würdest, dann würde er dich beachten. So hässlich bist du nämlich nicht.“
Jannik wollte nur nett sein, aber das half Levi gerade gar nicht. Er blickte zu Aaron, der mit einem attraktiven Mann sprach, lachte, offensichtlich mit ihm flirtete. Warum kam er überhaupt noch her? Es brachte ja doch nichts.
„Ich geh nach Hause“, sagte er.
„Was, jetzt schon? Du versuchst es nicht mal?“, fragte Jannik.
Levi zuckte nur die Schultern. „Wir sehen uns übermorgen in der Mensa?“
„Nein, nein, so leicht kommst du mir nicht davon.“ Jannik zog seine Jacke an und folgte Levi nach draußen.
Levi war nicht einmal in der Lage, sich bei Stella zu verabschieden. Denn dann hätte er sich auch Aaron nähern müssen.
„Okay, Levi, seit ich dich kenne, also seit … sechs Monaten – hattest du da einmal Sex? Ein einziges Mal?“
Levi murmelte, dass Jannik das nichts anging.
„Okay, also nein. Und warum nicht?“
Sie waren bei Levis Fahrrad angekommen und er schloss es auf. „Jemand wie du wird das nie verstehen!“, rief er und war selbst überrascht über seine Wut. Es war unfair. Jannik war sicher mit diesem Riesen-Selbstbewusstsein auf die Welt gekommen und Levi würde nie so sein wie er.
„Was ich verstehe ist, dass du dich nicht traust, jemanden wie Aaron anzusprechen, obwohl du es eigentlich gerne tun würdest.“
„Warum interessiert es dich überhaupt?“ Ja, seit wann redeten sie beide eigentlich über was anderes als Uni und Horrorfilme?
„Weiß nicht. Ich versuche nur, dir zu helfen. Also warum meinst du, dass du keine Chance hast?“
Levi schob sein Rad und war kurz davor, einfach aufzusteigen und wegzufahren. Merkte Jannik denn nicht, dass es schwer für ihn war, darüber zu sprechen?
„Weil es bisher nie geklappt hat, wenn ich es mal versucht habe?“
„Meinst du, ich habe immer sofort Erfolg, wenn ich in den Club gehe? Nein, ich versuche es nur so lange, bis ich jemanden finde.“
„Und dann hast du Erfolg. Siehst du, ich sag doch, du verstehst das nicht.“
Jannik seufzte. „Na schön, dann lass es eben und bleib allein.“
Jetzt war Levi wütend. Klar, wusste er, dass er allein bleiben würde, wenn er es nie versuchte, aber das war nicht das, was er gerade hören wollte.
„Ach, behalte deine Meinung für dich!“ Er stieg auf sein Rad und fuhr durch die Nacht nach Hause.
Als er im Bett lag, bereute er, so unhöflich zu Jannik gewesen zu sein. Was ging es den auch an, ob er Erfolg bei Männern hatte? Jannik interessierte sich doch sonst nur für sich selbst.
***
Jannik setzte sich seufzend auf sein Bett. Warum hatte er überhaupt den Club mit Levi verlassen? Er hatte doch jemanden mit nach Hause nehmen wollen. Und jetzt saß er ganz allein in seiner kalten Wohnung. Doch nach diesem merkwürdigen Streit mit Levi hatte er keine Lust gehabt, zurückzukehren. Irgendwie wurde er den Gedanken an Levi nicht los. Es musste schwer für ihn sein, so wenig Selbstbewusstsein zu haben.
Dabei war Levi eigentlich ein süßer Typ. Er hatte schöne blaue Augen und sah jünger aus, als er war. Seine Figur war auch nicht schlecht, schlank, aber nicht zierlich und ein schöner knackiger Arsch. Jannik grinste bei dem Gedanken. Wenn Levi sein seltenes Lächeln zeigte, bildeten sich Grübchen in seinen Wangen. Sein Charakter war zwar introvertiert und zurückhaltend, jetzt da er ihn besser kannte, wusste er jedoch, dass er nur etwas brauchte, um aufzutauen. Sie hatten sich schon öfter stundenlang über ihre Lieblingsfilme unterhalten. Und es war einfach süß, wie er immer in der Vorlesung saß und voll konzentriert auf seinem Stift herumkaute. Blond und niedlich – es gab genug Männer, die auf diesen Typ standen. Nur dass Levi immer so eine Aura um sich hatte, als wollte er gar nicht angesprochen werden.
Da es nicht seine Art war, es nicht zu versuchen, wenn er mit jemandem ins Bett wollte, hatte er Levi angesprochen. Doch Levi hatte ihm deutlich gezeigt, dass er kein Interesse an mehr hatte: Als er bei ihm gewesen war, hatte Levi ihm wirklich nur den Stoff der Vorlesung erklärt und Jannik war ein wenig enttäuscht gewesen. Auch als er ihn dann gefragt hatte, ob er mit ihm ins Kino wollte, hatte Levi wohl überhaupt nicht in Betracht gezogen, dass Jannik das als Date verstand. Also hatte Jannik angenommen, dass er einfach nicht sein Typ war und Levi nur an einer festen Beziehung Interesse hatte. Aber jetzt, nachdem er diesen Schönling im Club angehimmelt und ihm gesagt hatte, dass er nicht glaubte, jemals eine Chance bei ihm zu haben, erkannte Jannik, dass Levi einfach nie auf den Gedanken gekommen war, er könnte Interesse an ihm haben.
Irgendetwas musste er doch tun können, um Levi zu helfen. Er mochte ihn, und er wollte ihn mal wieder lächeln sehen. In letzter Zeit war Levis Ausdruck immer grimmig oder traurig. Janniks Seufzer wurde zu einem herzhaften Gähnen. Es war erst zwei Uhr, normalerweise war er um diese Zeit noch unterwegs. Die letzten Tage hatte er viel gearbeitet. Da war es gar nicht schlecht, dass er sich jetzt mal ordentlich ausschlafen konnte.
Lektion 1: Ausstrahlung ist alles
Am nächsten Morgen schlurfte Levi in seine winzige Küche. In der Spüle stapelte sich das Geschirr und in der Ecke standen zahlreiche leere Flaschen. Ob er jetzt aufräumte oder morgen würde auch keinen Unterschied machen. Das helle Licht, das durch sein großes Fenster eindrang, ließ ihn die Augen zusammen kneifen. Er setzte einen Kaffee auf und rieb sich die Stirn. So viel hatte er doch gestern gar nicht getrunken, um einen Kater zu haben. Dennoch fühlte sich sein Kopf schwer an, und der Kaffee machte ihn auch nicht richtig wach. Er überlegte, ob er noch etwas für die Uni machen musste. Nein, das hatte er schon alles erledigt. Später würde er sich noch einmal mit den Statistiken beschäftigen, die er für eine Hausarbeit erstellte. Während er langsam wach wurde und frühstückte, sah er sich die neueste Folge von The Walking Dead an.
Gerade als er unter die Dusche steigen wollte, klingelte es an seiner Tür. Er erwartete keinen Besuch. Vielleicht ein Paket für die Nachbarn? Schnell zog er sich eine Hose an und öffnete die Tür. Vor ihm stand Jannik und strahlte ihn an.
„Was machst du denn hier?“
„Auch schön, dich zu sehen.“ Jannik kam unaufgefordert in Levis Wohnung. Er setzte sich einfach an den Frühstückstisch, schenkte sich eine Tasse Kaffee ein und dann biss er auch noch vom Nutellatoast ab, das Levi noch nicht aufgegessen hatte.
„Ähm, warum bist du hier?‟, fragte Levi, setzte sich ihm gegenüber und nahm ihm den Teller weg.
„Ich habe darüber nachgedacht, was du gestern gesagt hast und ich glaube – nein, ich weiß! – dass ich dir helfen kann. Du möchtest gerne Dates haben, oder? Mit Typen, die dir gefallen, nicht mit den komischen, die Stella aussucht?‟
„Ja schon …‟ Levi wusste nicht, worauf Jannik hinauswollte.
„Und dabei würde ich dir gerne helfen. Erst mal brauche ich ein paar Infos. Möchtest du eine feste monogame Beziehung, oder erst mal nur ’n bisschen Sex?‟
„Was?‟ Levi spürte, wie ihm das Blut in die Wangen schoss. Meinte Jannik das ernst?
„Na, du hast mir gestern gesagt, dass du im letzten Jahr überhaupt keinen Sex hattest.‟
„Ja, schon. Also ja, ich würde schon gerne …‟ Mann, war das peinlich, darüber zu sprechen! Wieso interessierte Jannik das überhaupt?
„Aber du traust dich nicht, jemanden wie Aaron anzusprechen, oder sonst jemanden, der dir gefällt, richtig?‟
Levi zuckte mit den Schultern und sah zu Boden.
„Das ist alles eine Übungssache und ich weiß genau, was du brauchst, damit das endlich klappt.‟
„Was?‟
„Na mich, als deinen Dating-Coach! Und als erstes sage ich, du brauchst ein kleines Make-over. Hast du ein bisschen Geld für neue Klamotten und den Friseur übrig?‟
„Ich mag meine Haare.‟ Levi strich sich durch die strohblonden Haare, die ihm etwas über die Ohren hinausgewachsen waren.
„Ja, deine Haarfarbe ist toll, aber du brauchst einen ordentlichen Schnitt. Willst du attraktiven Männern auffallen?‟
„Ja, schon.‟
„Na, dann los! Ich verspreche dir, du wirst nachher super aussehen!‟ Jannik strahlte ihn an und Levi lächelte zaghaft. Jannik hatte wirklich einen guten Geschmack, vielleicht würde das ja tatsächlich etwas bringen. Wobei Jannik auch nicht unbedingt aussah wie der typische junge Berliner, mit seiner grünen Stoffhose, den Tommy Hilfiger Schuhen und der blauen Daunenjacke
An die Art der Berliner hatte er sich immer noch nicht gewöhnt. Sie zogen einfach an, was ihnen gefiel. Eine silberne Pelzmütze kombiniert mit Jogginghose und Turnschuhen ging genauso wie lange Wollmäntel. Viele Männer trugen Vollbart und große Brillen. Am besten noch irgendetwas, das aussah wie vom Flohmarkt, in Wahrheit aber ein teures Designerprodukt war. Sie liefen durch die Straßen und es interessierte sie nicht, was irgendjemand von ihnen hielt. Gleichzeitig saßen sie in den Cafés und tranken billigen Kaffee oder teuren fair trade, um gesehen zu werden.
Er passte nicht zu diesen Leuten. Er fühlte sich nicht als Berliner, obwohl er die Stadt inzwischen liebte. Und Jannik irgendwie auch nicht. Auch ihn schien es überhaupt nicht zu interessieren, ob sein Stil gerade in war. Vielleicht war es aber auch genau das, was den Berliner Stil ausmachte.
Eine halbe Stunde später setzte Jannik ihn bei einem Friseur ab. Es war ein Friseursalon, den Levi allein nie betreten hätte: In schrillen Farben gestrichen, die Friseure selbst mit den merkwürdigsten Frisuren und der Preis war auch über dem, was er normalerweise ausgab. Doch Jannik bestand darauf, dass Levi sich hier einen neuen Haarschnitt verpassen ließ.
„Hey, Garry‟, begrüßte er einen jungen Friseur mit pinkem Iro.
„Diesmal braucht mein Freund hier einen neuen Schnitt. Lass ihn richtig gut aussehen!‟
„Aber gerne doch.‟ Der Friseur zwinkerte Levi zu.
Er ließ alles mit sich machen und bald lagen seine Haare auf dem Boden. Seit Jahren hatte er sich die Haare immer nur ein wenig stutzen lassen. Jetzt blickte er sich im Spiegel an und erkannte sich kaum. An den Seiten waren seine Haare kürzer, oben länger und in der Stirn einige längere Strähnen. Verdammt, das war eine Hipster-Frisur! Er wollte kein Hipster sein. Skeptisch zupfte Levi an seinen Haaren herum. Es half wohl nichts, er musste warten, bis sie nachwuchsen.
Jannik holte ihn ab und strahlte. „Hey, sag ich doch, der Friseur ist super! Das sieht gleich viel besser aus.“
„Findest du wirklich?“
„Ja! Und jetzt geht’s an dein Outfit. Du brauchst was Auffälligeres. Ich kenne einen super Laden hier um die Ecke.“
Jannik ging auf ein Geschäft zu, in dem mehrere Herrenoutfits im Schaufenster zu sehen waren, die Levi gefielen. Schöne Hemden und gut geschnittene Hosen.
„Ich weiß nicht, ob ich mir hier etwas leisten kann‟, sagte er. Jannik trug immer teure Markensachen. Da sein Vater ein großes Unternehmen leitete, musste er sich wohl auch keine Gedanken um Geld machen. Aber er bekam nur so viel von seinen Eltern, dass er davon leben konnte.
„Der Laden sieht teurer aus, als er ist. Das ist der Trick dabei.‟
Jannik hatte recht behalten und Levi fand tatsächlich ein schönes Hemd, das ihm gefiel.
„Also das ist doch langweilig! Warte einfach hier, ich bringe dir ein paar Sachen!‟ Und schon verschwand Jannik zwischen den Regalen. Nach fünf Minuten kehrte er mit einem Arm voll Klamotten zurück
„Hier, zieh das an!‟ Jannik kam zu ihm die Umkleide. „Dieses Shirt steht dir bestimmt super.‟
Levi starrte Jannik an. Sollte er sich etwa hier vor ihm umziehen? „Ähm, Jannik … Könntest du draußen warten?‟
Jannik sah ihn einen Moment an, als müsste er sich das überlegen. Dann verließ er die Umkleide und zog den Vorhang zu. Levi betrachtete sich schon nicht gerne selbst im Spiegel, da musste ihn nicht auch noch Jannik sehen. Seine Haut war noch blasser geworden als sonst, weil er so viel Zeit zu Hause vor dem Laptop oder in der Bibliothek verbrachte. Er zog das türkise Shirt an und präsentierte es Jannik, der die Daumen hob.
„Oh ja, das steht dir verdammt gut. Guck dich mal an. Dieses Blau lässt deine Augen leuchten.‟ Jannik drehte ihn zum Spiegel. Es stimmte. Seine hellblauen Augen strahlten. „Und jetzt versuch’s mal mit dieser Hose. Ich wette, die macht einen schönen Hintern.‟
Levi wusste nicht, ob er wollte, dass Jannik so ausführlich seinen Hintern begutachtete. Doch er zog die Hose an und war überrascht. Normalerweise trug er nicht so enge, doch diese saß perfekt.
Jannik linste in die Umkleide. „Sag ich doch, macht dir einen Knackarsch.‟
Levi spürte, wie er rot wurde und schloss den Vorhang vor Janniks Nase.
„Wie wäre es denn mit dieser reduzierten Jacke? Die ist doch schön.‟ Jannik hielt eine kurze, schwarze Jacke hin.
„Die sieht genauso aus wie deine. Nichts gegen dich, aber dein Style ist nichts für mich. Oder willst du mich zu deinem Klon machen?‟
„Na schön. Aber die Straße runter ist ein günstiger Laden, da gibt es verbilligte Markensachen.“
Drei Läden später schleppte Levi zwei große Tüten und sein Konto war um einiges leerer. Jannik hatte ihm eine knallrote Hose aufgeschwatzt sowie eine hellbraune Lederjacke. Die Lederjacke hatte Levi sofort gefallen und er fand selbst, dass sie ihm gut stand. Jannik hatte wirklich einen guten Geschmack. Levi hoffte, dass ihm die Sachen zu Hause immer noch gefielen.
„Meinst du wirklich, dass die Klamotten so wichtig sind?‟, fragte Levi skeptisch.
„Ja, natürlich. Wenn du Wert auf deine Kleidung und dein Aussehen legst, zeigst du damit, dass du gesehen werden möchtest und wirst dadurch gesehen.‟
So hatte Levi das noch nie betrachtet. Er war bisher schon froh gewesen, wenn er Kleidung fand, die nicht zu teuer war und passte. Und er hatte nie auffallen wollen. Doch vielleicht war genau das sein Problem.
„Also funktioniert das bei dir? Wie oft wirst du angesprochen?‟
„Oh, so ein, zwei Mal die Woche.‟
„Und dann hast du jedes Mal Sex?‟
„Nein, natürlich nicht. Nur mit denen, die gut aussehen.‟ Jannik grinste.
War ja klar, dass Jannik sich die Männer nur auszusuchen brauchte.
„Häufiger spreche ich selbst jemanden an.‟
„Hast du dich eigentlich mit dem Typ aus der Mensa getroffen? Funktioniert das echt jedes Mal bei dir?‟ Levi wusste, er klang neidisch und er war es auch. Für Jannik war das, was ihm so schwer fiel, anscheinend Routine.
„Ja, aber der war … huh …‟ Jannik verzog den Mund. „Der hat ganz merkwürdige Geräusche gemacht im Bett.‟
„Was?‟
„Ja, so, als würde ich ihn foltern oder so. Aber er sagte, es würde ihm gefallen.‟
„Aha.‟ Irgendwie wollte Levi sich diesen Typ im Bett mit Jannik gar nicht vorstellen. Hoffentlich machte er selbst keine merkwürdigen Geräusche im Bett.
Sie gingen zu Jannik nach Hause, der in der Nähe, direkt in der Friedelstraße lebte, im neuen Szeneviertel, in einer schönen Zweizimmerwohnung im Altbau mit drei Meter hohen Decken und Dielenboden. Die Wohnung war mit schönen, hellen Möbeln eingerichtet, komplett renoviert und sehr ordentlich.
Jannik wühlte in den Tüten und schmiss Levi die Sachen zu, die er anziehen sollte.
Die rote Hose, einen dunkelgrauen Pullover und die Lederjacke. Dann zerrte Jannik ihn vor seinen übergroßen Spiegel. Es war merkwürdig – er erkannte sich selbst kaum. Es war wie eine dieser Vorher-Nachher-Sendungen im Fernsehen.
„Was habe ich gesagt?“ Jannik war offenbar stolz auf sein Werk. „Und jetzt zeig ich dir, was dein Outfit ausmacht!“
Sie saßen in einem Café in der Oranienstraße. Es war voll mit durchgestylten Leuten und es gab nur Sachen wie Soja-Latte und Tofusandwiches. Die Bedienung brachte ihm einen Espresso und ein Stück Rhabarberkuchen.
Levi beobachtete die Leute. Er musste sich klarmachen, dass er mit seinem neuen Outfit hier nicht auffiel. Nein, er sah jetzt aus wie einer von ihnen. Jannik lobte seinen Sojashake und sah sich ebenfalls um. War ja klar, dass der erste gutaussehende Typ, der Levi auffiel, Jannik anschmachtete. Mit jemandem wie ihm am Tisch würde ihn auch in seinem neuen Outfit niemand beachten! Sie redeten noch ein bisschen über die Uni, aber Levi war in Gedanken ständig beim letzten Abend und bei Aaron. Würde er wirklich eine Chance bei ihm haben, nur weil er etwas anderes trug?
Als sie beide mit ihren Getränken fertig waren, stand am Nachbartisch ein Mann auf, der Levi schon vorher aufgefallen war. Er sah nicht so gut aus wie Aaron, aber er war ganz süß. Sicher war der nicht schwul. Doch als er Levi jetzt ansah, lächelte er ihm auf eine Art zu, dass Levi ganz heiß wurde.
Jannik bekam alles mit. „Hey, siehst du? Es funktioniert. Los, sprich ihn an!“
Levi schüttelte den Kopf. Der Mann hatte schon seine Jacke genommen und ging.
„Mann, Levi, das wäre die Gelegenheit gewesen! Ich sag doch, das Outfit macht dich sexy. Aber ich seh’ schon, das ist nicht das einzige Problem. Lass uns noch ’ne Runde spazieren gehen.“
Jannik bezahlte ihre Sachen und sie gingen Richtung Tiergarten.
„Hör zu, ich bin jetzt dein persönlicher Coach, ich verhelfe dir zu einem Date, aber nur wenn du mitmachst. Also, warum traust du dich nicht, jemanden anzusprechen, der dir gefällt? Glaubst du, du wirst abgewiesen? Denn, glaub mir, in deinem neuen Outfit wird das nicht passieren.“
„Ich kann mich nicht einfach ändern. Du verstehst das einfach nicht. Mag ja sein, dass ich mehr beachtet werde, wenn ich mich anders anziehe. Aber selbst wenn ich mich mit jemandem treffe, dann …“
„Ah, also meinst du, dass dich niemand mögen wird? Also ich mag dich, Stella mag dich … Hör auf, dich selbst ständig abzuwerten.“
„Glaubst du, wenn ich einfach so mein Selbstbewusstsein einschalten könnte, würde ich es nicht tun?‟ Levi wurde lauter und ballte die Fäuste. „Dieses ganze Ding, dieses ‚man muss nur an sich selbst glauben und positiv denken‘ – das funktioniert nur im Fernsehen, Janni. Ich kann mich nicht einfach so ändern. Und sorry, aber du bist kein Therapeut.“
Jannik seufzte. „Nein, bin ich nicht. Und ich kann dir vielleicht nicht helfen, deine Kindheitskonflikte zu lösen. Aber ich kann dir helfen, ein Date zu bekommen, ob du mir glaubst oder nicht. Also, mal angenommen, du hättest ein Date, du magst den Typen, er mag dich auch …?“
„Das ist es, wovor ich Angst habe“, brach es aus Levi heraus.
„Was? Du hast Angst, dass dich jemand mag?“
„Nein, dass ich dann alles vermassle und …“
„Halt, du bist doch keine Jungfrau mehr, oder?“
„Nein!“
„Du hattest Sex mit … Männern?“
„Ja, aber nicht so oft“, gab Levi zu.
„Das ändert sich nicht, wenn du weiter Angst hast, es zu versuchen.“
„Ich werde mich total blamieren, ich weiß es. Das letzte Mal, als ich es versucht habe, war es auch so.“
„Schön.“ Jannik klatschte in die Hände. „Ab sofort bin ich dein Datecoach und dein Sexcoach!“
„Was?“
„Okay, lass mich dein Coach sein und ich verspreche dir, spätestens in vier Wochen wirst du ein Date und Sex haben!“
„Ich weiß nicht …“
Jannik hielt ihm seine Hand hin und schließlich schlug Levi ein. Das konnte ja lustig werden. Aber vielleicht konnte Jannik ihm wirklich helfen? Er hatte ja selbst ständig was mit diversen Männern laufen. Er sah auch unglaublich gut aus und hatte eine tolle Ausstrahlung. Würde er mit Jannik als Coach auch so werden?
„Mittwochabend wieder hier im Café! Ich überlege mir einen Plan.“
„Du glaubst echt, mit einem Plan klappt das?“
„Du wirst schon sehen.“ Er grinste und verabschiedete sich.
Zu Hause kam Levi die Idee mit jeder Minute weniger großartig vor. Er hatte nie vorgehabt, ausgerechnet Jannik von seinem Problem zu erzählen. Es war ihm peinlich, dass er diese Ängste hatte und nicht selbst damit fertig wurde. Er war schließlich erwachsen und alle anderen schienen es ja auch hinzubekommen. Aber so war es nun mal. Wenn er seine Ängste nicht überwand, war er irgendwann vierzig und hatte immer noch nur mit einem Mann Sex gehabt.
Er würde Janniks Plan eine Chance geben, dann hätte er es wenigstens versucht. Und wenn das nicht half, dann sollte er vielleicht mal zu einem richtigen Therapeuten gehen. Doch bevor er das tat, würde er die vier Wochen abwarten.
Sonst redete Levi mit Stella über alles. Aber über das Abkommen mit Jannik sprach er nicht mit ihr. Sie würde nichts davon halten, da sie und Jannik sich nicht so gut verstanden.
„Also, verrätst du mir endlich, warum du am Freitag so plötzlich verschwunden bist?“, fragte sie.
Er hatte sich bei ihr schon entschuldigt, aber eine wirkliche Erklärung hatte er nicht. Levi rührte in seinem Cappucino und versuchte seine Gedanken zu sortieren. Sie saßen in einem kleinen Studentencafé neben der Uni, um ihre Freistunden rumzubringen.
„Der Typ, den du mir vorgestellt hast, Konrad, hast du noch Kontakt zu ihm?“
„Er hat dir doch gefallen? Du hast gar nicht mit ihm geredet. Ja, ich habe Kontakt, er ist ein Kunde von mir. Er ist echt toll …“
„Nein, der war überhaupt nicht mein Typ, aber könntest du bitte den Kontakt mit ihm halten? Er kannte diesen Aaron.“
„Was? Aber mit dem hast du überhaupt nicht geredet.“
„Ich weiß das selbst, okay? Aber ich würde ihn gerne wiedersehen.“
„Ich fand ihn zwar etwas eingebildet, aber dass du endlich mal auf jemanden stehst, darauf warte ich schon so lange! Ich werde was organisieren. Mach dich an ihn ran!“
Levi war sich nicht sicher, ob er sich wirklich trauen würde, nächstes Mal mit Aaron zu reden. Aber er würde es versuchen, er musste einfach.
Am nächsten Mittwoch traf Levi Jannik wie verabredet im Café 4-Jahre wieder. Es war zwar kein schwules Café, aber laut Jannik ein beliebter Treffpunkt für die jungen queeren Berliner. Diesmal suchte Jannik einen Tisch in der Mitte aus, wo sie jeder sehen konnte. Jede Minute fragte er Levi, ob ihm irgendjemand hier gefiel.
„Hör auf, auf Leute zu zeigen!“ Levi versuchte sich hinter der Getränkekarte zu verstecken. Da konnte Jannik ja gleich durch das Café rufen, ob jemand mit Levi ausgehen wollte.
„Na schön, ich gebe auf. Anscheinend hast du ein weiteres Problem. Du bist zu wählerisch. Wenn du nur mit jemandem wie diesem Schönling vom Club ins Bett willst …“
„So ist das doch gar nicht! Aber hier ist niemand, der mir gefällt.“ Levi hatte sich schon dabei ertappt, wie er sich einzureden versuchte, den Typ gegenüber, mit der großen Brille, attraktiv zu finden. Doch es klappte nicht.
Levi bemerkte eine Gruppe, die auf sie zukam, zwei junge Männer und eine Frau.
„Oh, hey Finn!‟, rief Jannik und winkte ihnen zu. Offenbar waren es Freunde von ihm. Jannik umarmte sie und sie setzten sich zu ihnen an den Tisch. Er stellte sie einander vor. „Das ist Finn, und Finn – das ist Levi.‟ Levi gab ihm die Hand. Finn trug eine Brille, Lippenpiercing und Tunnelohrringe.
Levi musste zugeben, dass Finn recht gut aussah. Nicht auf die Art gutaussehend wie Aaron. Levi bekam bei Finn kein Herzrasen. So konnte er sich wenigstens ein bisschen mit ihm unterhalten. Doch bei der Vorstellung, sich wirklich mit ihm zu verabreden, wurde er nervös. Eigentlich war er froh, dass Finn nicht übermäßig an ihm interessiert zu sein schien. Sie redeten nur ein bisschen über ihr Studium und über einen Film, den alle gerade gesehen hatten. Es war ein netter Abend, aber Levi wusste, dass er Finn niemals um ein Date bitten würde.
Jannik begleitete ihn noch ein Stück auf dem Heimweg. „Hey, das war doch gar nicht schlecht heute, oder? Du hast mit einem attraktiven Mann geredet! Und, soll ich dir Finns Nummer geben?“
„Nein.“
„Nein? Warum denn nicht? Ich dachte, du magst ihn.“
„Ja, er ist nett, aber er ist nicht … Aaron.“ Levi wusste, dass es albern war, aber seit er Aaron kannte, dachte er an keinen anderen mehr.
„Also bist du doch zu anspruchsvoll. Nimm es mir nicht übel, aber Aaron ist auf der Skala ganz weit oben und wenn du dich nicht mal mit Finn treffen willst …“
„Skala?“
„Na, die Attraktivitätsskala.“
„Und wo bist du da drauf? Auch ganz weit oben?“
„Klar.“ Jannik grinste. Bescheidenheit war noch nie seine Stärke gewesen.
„Und ich?“, fragte Levi ernster.
„Hm“, Jannik tat, als müsste er überlegen.
„Komm schon, sag mir die Wahrheit.“
„Obere Mitte.“
„Dann mach aus mir eine zehn! Oder wie auch immer deine Skala aussieht. Jemanden, auf den Aaron stehen könnte.“
„Das war doch der Sinn des Ganzen. Ich versuche es, aber das geht nicht von heute auf morgen.“
„Das ist mir auch klar.“
„Also schön, Levi, morgen fängt mein Unterricht an. Komm um sieben zu mir.“
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