Mittwoch, 24. Juni 2015

Tipping the velvet von Sarah Waters

Tipping the velvet habe ich zuerst als Verfilmung gesehen. Die Mini-Serie der BBC hat mich sehr beeindruckt. Allein dass sie Bücher mit historischem Setting über lesbische Figuren verfilmen ist außergewöhnlich. Aber das liegt wohl auch daran, dass die Bücher von Sarah Waters einfach so gut sind und sich hervorragend auf der Leinwand machen. In England gilt sie als große Autorin, während ihre Bücher hier leider viel weniger bekannt sind.
Tipping the velvet erschien auf deutsch als Muschelöffnerin. Der Titel ist gar nicht so unpassend, denn es geht um Tochter der Betreiber eines Austernrestaurants. Als Nancy das erste Mal Kitty begegnet, die in ihrer Show als "Man impersonator" also im Männerkostüm auftritt, ist sie sofort fasziniert. Sie folgt ihr ins ferne unbekannte London, um für sie als Gaderobiere zu arbeiten. Dort wird sie in die Welt des Theaters hineingezogen und steht bald selbst auf der Bühne, und wird zusammen mit Kitty zum erfolgreichen Star. Es dauert eine Weile, bis Nancy begreift, dass sie in Kitty verliebt ist und die beiden zueinander finden. Für Nancy ist es die große Liebe, doch Kitty fürchtet um ihren Ruf und als sie einen Mann heiratet, flüchtet die am Boden zerstörte Nancy Kopf-und mittellos.
Als sie das erste Mal ein Männerkostüm trug, wurde ihr gesagt, dass sie darin schon zu überzeugend wie ein junger Mann wirkte. Mit den breiten Schultern und dem kurzen Haar fällt niemandem auf, dass sie tatsächlich eine Frau ist und Nancy genießt es, diese Rolle anzunehmen, auch auf der Straße als Mann herumzulaufen. Ob sie in der heutigen Zeit Transgender gewesen wäre, ist schwer zu sagen. Aber wie Sarah Waters ihr Spiel mit den Genderrollen beschreibt ist beeindruckend, weil man solche Geschichten so selten liest. Man könnte sie wohl am ehesten als Genderfluid bezeichnen, aber diese ganzen Begriffe gab es damals noch nicht. Und dennoch existierte eine geheime Welt mit lesbischen Zirkeln und Clubs, die Sarah Waters in Erinnerung ruft und lebendig werden lässt.
Nancy verhält sich manchmal sehr naiv und ist keine besonders intelligente Figur, sie liest kaum und interessiert sich für wenig. Aber sie ist eben auch eine sehr junge Frau, die an Liebeskummer leidet. Und ihren Weg in Beziehung zu verschiedenen Frauen zu verfolgen ist sehr unterhaltsam und fesselnd. Die Autorin schreibt auch freizügig über Nancys Sexualität, doch das wirkt nie übertrieben. Manchmal wirkt die Geschichte etwas wie einzelne Episoden, die wenig zusammenhängen, aber diese verschiedenen Stationen in Nancys Leben sind an sich alle sehr faszinierend. Selten liest man historische Romane, die so lebendig die Vergangenheit wiederaufleben lassen, ohne einen mit Informationen zu erschlagen und das in einem sehr flüssigen zur Figur passenden Stil, der dennoch anspruchsvoll geschrieben ist. Sarah Waters wurde mehrfach für den Man Booker Prize nominiert, und in über 30 Sprachen übersetzt.
Wer an der Geschichte von lesbischen Frauen interessiert ist oder einfach einen tollen historischen Roman lesen will, der wird das Buch lieben. Für mich war es auch ein Einstieg in eine völlig neue Welt, als ich das erste Mal Tipping the velvet als Film sah. Er hält sich sehr nah ans Buch, nur das Ende wurde ein wenig geändert, da hat mir das Buch besser gefallen. Sogar die erotischen Szenen wurden so verfilmt, wie sie im Buch stehen (inklusive Dildos etc., ja die gabs damals auch schon).  Und Rachel Stirling spielt die Rolle, als wäre sie für sie geschrieben. Daher kann ich Buch und Film nur empfehlen. Auch weitere Bücher von Sarah Waters sind sicher lesenswert, besonders "Solange du lügst" bzw. Fingersmith. Auch auf meine Rezension von "The secret Diaries of Anne Lister", möchte ich hier hinweisen.

Dienstag, 9. Juni 2015

Schöner Trend: LGBT-Jugendbücher


Für queere Jugendliche ist es nicht einfach, Bücher oder andere Medien zu finden, in denen sie sich repräsentiert sehen. Gerade wenn man mit seiner Sexualität oder Gender-Identität zu kämpfen hat oder diese infrage stellt, können Vorbilder enorm wichtig sein. Daher finde ich es so schön, dass immer mehr Prominente sich outen. Aber Jugendliche brauchen auch Beispiele, die sie selbst zeigen, lesbische, schwule, transgender oder intersex Teens. Auch nicht-queere Jugendliche können sich natürlich für das Thema interessieren und durch diese Bücher vielleicht etwas lernen. Es ist schon lange bewiesen, dass Menschen die lesen oder fernsehen toleranter und offener sind, weil sie lernen, sich in andere hineinzuversetzen und wenn sie so mit queeren Menschen konfrontiert werden, auch lernen, sich in diese hineinzuversetzen. Der englische Markt ist dem deutschen da ein großes Stück voraus, wohl auch weil er einfach viel größer ist und vermeintliche Nischenthemen so mehr Publikum finden. Umso schöner finde ich es, dass immer mehr Bücher auch auf deutsch übersetzt werden. Gerade die letzten zwei Jahre hat sich ein echter Trend zu LGBT-YA-Büchern entwickelt. Besonders schön finde ich es, YA-Bücher zu finden, die nicht nur Mobbing und Probleme dieser Jugendlichen zeigen, sondern auch positive Botschaften senden, dass man damit gut zurecht kommen kann, ein queerer Teen zu sein. Ich hoffe, dass sich die Verlage in Zukunft noch mehr trauen und dieser Trend anhält, es ist doch einfach nur schade und überholt, wenn ein Autor von Verlagen oder Agenturen gesagt bekommt, dass sich solche Themen nicht verkaufen. Bisher setzen die Verlage da leider fast ausschließlich auf Übersetzungen, die sich bereits bewährt haben. Vielleicht Zeit mal ein paar meiner eigenen Plotideen wieder auszugraben? Im Moment spuken mir da so einige im Kopf herum. Da weiß ich gar nicht, was ich zuerst schreiben will.

Die wenigen Bücher deutscher Autoren sind meistens schon älter. Die Mitte der Welt von Andreas Steinhöfel ist schon ein Klassiker, Ende der 90er erschienen und sogar ins Englische übersetzt, zeichnet er die Geschichte eines schwulen Jugendlichen in einer merkwürdig aus der Zeit gefallenen Welt und seiner einzigartigen Familie nach. Das Buch ist einer wunderbare Coming-of-age Geschichte, die ich vor allem älteren Jugendlichen und jungen Erwachsenen sehr empfehlen kann. Steingesicht und Einfach nur Liebe handeln von lesbischen Mädchen und Liebe macht anders deutet auf eine Transgender oder Intersex-Geschichte hin. Ich habe die drei letzten Bücher allerdings noch nicht gelesen und weiß nicht, ob sie empfehlenswert sind. Einen deutschen David Levithan vermisse ich jedenfalls noch.



Eines der neueren Übersetzungen ist das preisgekrönte Aristoteles und Dante entdecken die Geheimnisse des Universums, ich habe es angefangen zu lesen und bin schon sehr begeistert davon. Ich habe den starken Verdacht, es könnte ein Lieblingsbuch werden. Es ist eins Jugendbuch, das im letzen Jahr viel Aufmerksamkeit und Lob erhalten hat.
Über ein Mädchen habe ich ebenfalls gelesen, es handelt von der ersten Liebe eines lesbischen Mädchens in Holland. Es war ein ganz nettes Buch, aber nichts Außergewöhnliches.
Was mich besonders freut ist, dass jetzt auch das nächste Buch von David Levithan Two Boys kissing auf deutsch erscheint. Es handelt von zwei Jungs, die einen Kussrekord aufstellen wollen. Da hoffe ich mal, dass The Tiny Cooper Story, die Geschichet über Tiny Cooper aus Will Grayson auch auf deutsch übersetzt wird. Will Grayson und Noahs Kuss habe ich ja auch hier bereits besprochen und kann sie empfehlen, einige der wenigen Bücher über schwule Jugendliche, die sehr erfolgreich waren. Empfohlen habe ich auch das stilistisch beeindruckende Die Tage der Bluegrass-Liebe. Auch auf Zusammen werden wir leuchten freue ich mich sehr, eine der ganz wenigen Transgender-Jugendbücher, und ein sehr gelungenes Cover, finde ich. Ich hoffe, dass das wirklich ein Trend wird und freue mich über den Mut des Verlags. Das wurde wirklich Zeit.

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Montag, 1. Juni 2015

Cover für Sunford

Endlich habe ich das Cover für Sunford bekommen.  Ich finde es ist ganz schick geworden. Man kann es übrigens sogar schon vorbestellen. Es erscheint aber erst im Dezember.