Dienstag, 23. Juli 2013

eBook-Rezensionen, zwei Texte von Fanfiktion: Lsker und Tjark

Es gibt einige tolle Texte auf Fanfiktion, über die ich schon länger mal etwas schreiben wollte.
Weil ich sonst vielleicht nie dazu komme, fasse ich mal zusammen:


Diese SF-Novelle hat mich sowohl vom originellen Inhalt als auch vom Stil sehr beeindruckt und ich verstehe nicht, warum sie so wenig Reviwes hat.
Aber erstmal zum Inhalt: In ferner Zukunft wurde die Erde von Aliens besetzt, die die Menschen unterdrücken. Zunächst nichts Neues, doch die Umsetzung habe ich in der Form noch nie gelesen und ich musste dreimal nachsehen, um zu glauben, dass es sich nicht um Fanfiktion sondern um eine originale Story handelt.
Die Lsker verlangen von allen Menschen, dass sie ihnen Teile ihres Körpers opfern. Welcher das ist, können die Menschen selbst entscheiden, ein Zeh, ein Ohr, ein Auge ... jedes Jahr eines. Die Lsker sind schwarze unheimliche Wesen, die die Fähigkeit haben, Dinge zu absorbieren, sie in sich aufzunehmen, einen richtigen Körper haben sie nicht, was sie wollen weiß niemand.
In einer der Einrichtungen, in denen den Menschen Körperteile abgenommen werden arbeitet Naviam, eine der Hauptfiguren. Naviam leidet sehr an seiner Tätigkeit, zu der er gezwungen wird. Sein Partner Elias hat es da als Radiomoderator besser erwischt, doch beide sehnen sich danach, der Unterdrückung zu entfliehen. Es ist kaum möglich, mehr über die Handlung zu erzählen, ohne zu viel zu verraten, nur soviel: es gibt immer wieder überraschende Wendungen. Zwischen den Kapiteln aus Elias und Naviams Sicht gibt es Einschübe, Tagebucheinträge, Ereignisse zu Beginn der Invasion der Lsker. Durch diese ergibt sich nach und nach ein komplexes Bild der Geschehnisse. Der Stil ist leicht zu lesen aber dennoch anspruchsvoll, ohne Ausschweifungen wird nur das erzählt, was für die Geschichte relevant ist. Ganz im Stil einer guten Novelle. Erfrischend war auch, dass die sexuelle Orientierung der Figuren nur eine Nebensache, eine Selbstverständlichekit ist.  Das Ende war für mich sehr unerwartet und ich hätte mir ein anderes gewünscht, aber das ist sicher Geschmackssache.

Die zweite kürzere Geschichte, die ich kürzlich gelesen habe und die mir sehr gut gefalle hat war:




Die Autorin bezeichnet den Text selbst Experiment, welches ihr sehr gut gelungen ist, wie ich finde. Sie nähert sich einer Figur, Tjark, indem sie die Menschen in seinem Leben über ihn erzählen lässt. So setzt sich nach und nach ein Bild über ihn zusammen, ein Bild eines stillen, schroffen, verschlossenen Mannes, der in seiner Kindheit viel durchmachen musste und dem es sehr schwer fällt, sich anderen zu öffnen. Da ist zunächst Jan, der überrascht davon ist, dass er plötzlich etwas für den langjährigen Freund empfindet, den er vorher nie richtig wahrgenommen hat. Sie erleben eine Nacht voll leidenschaftlichem harten Sex. Doch es dauert lange, bis beide sich über ihre Gefühle zueinander klar werden. Denn über seine Gefühle redet Tjark nie mit anderen, nicht einmal mit der Frau, mit der er vier Jahre zusammen war. Nur einer hat es bisher geschafft, hinter seine Fassade zu schauen: Matthis, sein Austauschbruder aus Kanada. Wie es die Menschen um Tjark schaffen, ihn dazu zu bringen, seine Vergangenheit endlich hinter sich zu lassen ist sehr eindrücklich geschildert. Durch die unterschiedlichen Perspektiven werden immer mehr Details aus Tjarks Leben offenbart, vielleicht die einzige Art, sich einem solchen verschlossenen Charakter zu nähern.
Das Ende ist ungewöhnlich und überraschend und gerade deswegen so schön, so viel sei verraten. Neben dem Inhalt ist es aber vor allem Dewis Stil, der mich an den Text gefesselt hat. Es ist selten, eine schwule Liebesgeschichte zu lesen, die ich zu anspruchsvoller Literatur zählen würde. Wie sie mit wenigen knappen aber immer genau treffenden Worten die Gedanken und Gefühle der Figuren beschreibt, wie zum Beispiel Jan Tjark ansieht und dabei jedes Detail seines Gesichtes analysiert ist hohe Kunst, wovon ich mir gerne ein bisschen etwas abgucken würde. Ich bin jedenfalls schon sehr gespannt, ihre anderen Texte und vor allem Staub und Stolz zu lesen.


Mittwoch, 17. Juli 2013

Mal wieder zu viele Projekte ...

Im Moment kann ich mich wirklich nicht über neue Ideen beschweren. Meine Liste mit Projekten, die ich noch schreiben möchte ist bereits endlos lang. Nachdem ich bei meiner viktorianischen Geschichte noch mittendrin stecke, hat mich die Muse schon wieder überfallen. Gestern habe ich auch gleich ein paar Seiten zu dem neuen Projekt aufgeschrieben. Ich versuche mich jedoch davon abzuhalten, ständig an das neue Projekt zu denken. Denn dann schaffe ich es ja nie, etwas fertig zu schreiben, wenn ich immer etwas Neues anfange. Leider ist es so, dass neue Ideen immer den größten Reiz haben. Wenn ich eine Idee nicht gleich beginne, dann gerät sie häufig in den Hintergrund und ich überlege noch einmal, ob ich sie wirklich schreiben möchte. Eigentlich lege ich immer eine Reihenfolge fest, an die ich mich dann abe meistens doch nicht halte, weil plötzlich neue Projekte dazukommen. Eigentlich wollte ich ja zuallererst mein Jugendbuch schreiben. Aber ich gerate doch in Versuchung erst meine begonnenen Projekte, also: Ein Sommer in Vermont fertigzuschreiben. Und dann ist da die erwähnte neue Idee. Da habe ich allerdings erst das Ende der Geschichte, was mir auch nicht oft passiert.
Zwei Männer, die unterschiedlicher nicht sein könnten, der eine ein stilvoller Multimillionär, der andere ein linker Weltenbummler, verheiratet, an die zehn Jahre zusammen. Aber der Weg dahin, das müssen sie mir noch verraten, wie sie das geschafft haben. Und ihr glaubt es kaum, aber die Idee kam mir durch etwas, das mir über eine echte Person erzählt wurde.

Sonntag, 7. Juli 2013

Edward van de Vendel: Die Tage der Bluegrass-Liebe - Buchrezension

Die Tage der Bluegrass Liebe ist zuerst als Spring wenn du dich traust bei Carlsen erschienen, der neue Titel ist aber eine Übersetzung des Originals und passt auch viel besser zum Buch.

Tycho hat gerade die Schule abgeschlossen und möchte ein Jahr lang erst einmal Pause machen. Von seiner Heimat Amsterdam fliegt er in die USA, um dort in einem Feriencamp für Kinder als Junior Asistant zu arbeiten. In der Little World, wie das Camp heißt, sind alle freundlich und nett zueinander, es ist ein kleines Paradies abseits der Welt.
Als Tycho sich dann Hals über Kopf in einen anderen Junior Asistant aus Norwegen, Oliver, verliebt, bringt ihn das ziemlich durcheinander. Schon bald verbringen sie keine Minute mehr ohne den anderen. Doch sie können nicht ewig in ihrer Little World bleiben.
Viel mehr kann ich gar nicht zum Inhalt des Buches sagen, ohne zu viel zu verraten. Das Coverbild passt wie ich finde besser zur Geschichte als das niederländische Original, die beiden lächelnden Jungen, die bunte Schrift, Bluegrass  - das lässt einen an heiße glückliche Sommernächte denken. Es ist ein Buch über das erste richtige Verliebtsein, die intensive kurze Zeit. Insgesamt war die Geschichte selbst für die 190 Seiten etwas dünn, aber das macht nicht viel aus, denn es ist vor allem der Stil des Autors, der mich für das Buch einnimmt. Es ist ein sehr klarer schnörkelloser Stil, kurze Sätze, die immer genau das beschreiben, was die Figuren fühlen. Dabei wirkt der Stil jedoch nie zu einfach oder zu sehr nach Jugendsprache, im Gegenteil, er ist erstaunlich anspruchsvoll für ein Jugendbuch. Edward van de Vendel wurde bereits dreimal mit dem niederländischen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet. Er schreibt überwiegend Kinderbücher, aber seine anderen Jugendbücher, insbesondere die Fortsetzung zu Die Tage der Bluegrass Liebe: Die langen Nächte der Stille, werde ich sicherlich auch noch lesen.

Das Buch erschien 1999 im Original und 2001 bei Carlsen in Deutsch. Taschenbuch, 192 Seiten.
Leider scheint es das Buch nur noch als eBook und gebraucht zu geben.