Wenn ich ein Projekt beendet habe, passiert meistens das gleiche. Alle
Figuren, an die ich Wartemarken verteilt habe, damit sie mich nicht
ständig nerven wachen auf und verlangen gleichzeitig, dass ich ihre
Geschichte jetzt sofort aufschreibe. Das kann man sich ungefähr so
vorstellen: auf meinen langen Fahrten zur Uni kommen mir Szenen aus den
unterschiedlichen Plots in den Sinn. Und dann hopsen auch noch neue
Plotbunnys über den Weg. Es ist ja nicht so, als hätte ich nicht noch
zwei halbfertige Romane auf dem Laptop rumliegen. Aber wenn es bei einem
Projekt gerade etwas stockt, dann hilft es mir oft, einfach etwas
komplett Neues zu schreiben, um überhaupt wieder in den Schreibfluss zu
kommen. Das habe ich jetzt ohne groß Nachzudenken einfach gemacht und
das neueste Plotbunny gegriffen, das mich überfallen hat. Inspiriert zu
diesem Plot haben mich Period Dramen, ihr wisst schon: Jane Austen,
Cranford, … ich liebe die Zeit um die Jahrhundertwende, die Mode, die
Kunst, die Veränderungen … und ich mag die Sarah Waters-Verfilmungen,
die zu dieser Zeit spielen. Sie drehen sich immer um lesbische Frauen;
eine wahre Marktlücke hat Sarah Waters da aufgetan, gibt es doch kaum
andere Autoren, die das lesbische Leben zu jener Zeit so offen
beleuchten. Da stellte ich mir natürlich sofort die Frage: Gibt es das
auch in schwul? Ich kenne den Film Maurice, ehrlich gesagt, ganz
überzeugt hat er mich nicht. Natürlich kenne ich auch Oscar Wilde. Aber
Romane die heute geschrieben werden und zu der Zeit spielen, in England
oder in Deutschland, mit einer Liebesgeschichte zwischen Männern? Ja,
einige auf Englisch konnte ich durchaus finden (dank fleißiger
Listenersteller auf goodreads). Denn das ist manchmal das erste, was ich
tue, wenn ich eine neue Idee habe: checken, ob ich die erste mit dieser
Idee bin oder ob es schon zig Romane mit genau dem gleichen Plot gibt
und gleichzeitig suchte ich nach Recherchematerial. Ersteinmal, bevor
ich alle Fakten gegenrecherchiere, schreibe ich aber einfach drauf los
und es macht verdammt Spaß. Ich hoffe, der Twist in der Geschichte
funktioniert – etwas das mich bei den Sarah Waters-Büchern immer
beeindruckt. Ich wollte schon immer mal eine Figur wie Vincent erzählen
lassen, aber bevor ich jetzt zu viel verrate, beende ich lieber den Post
und schreibe den Roman weiter und versuche mich nicht mehr ständig zu
fragen, was ich als nächstes schreiben soll.
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